„Eine solche Chance muss ohne Vorbehalte geprüft werden“

Am Ende gab es im Rat breite Mehrheiten: Für eine mögliche Arena Bergisch Land am Weyersberg beginnen nun umfassende Prüfungen, Solingen erhält erstmals eine Stadtdirektorin, wir wollen keine achtstreifige A3 durch  die Heide – und die SPD-Fraktion steht hinter dem Kurs der Stadtwerke, Strom- und Gas-Kunden verlässliche Preise zu bieten.

Ernst Lauterjung, stv. Fraktionsvorsitzender

Warum die SPD-Ratsfraktion geschlossen hinter dem umfassenden Prüfauftrag steht, machte Ernst Lauterjung gleich zu Beginn seiner Rede im Rat deutlich:  „Erstens: Wir sehen ganz konkret, dass eine Arena Bergisch Land am Weyersberg nicht nur eine enorme Bereicherung für unsere Stadt und den Sport sein könnte – sondern auch ein wesentlicher Impuls für die so wichtige Entwicklung der Innenstadt. Eine solche Chance muss daher ohne Vorbehalte geprüft werden. Und zweitens: Wir wollen ganz grundsätzlich, dass innovative Ideen in Solingen eine reelle Chance haben. Niemand wünscht sich die Zeiten zurück, in denen erst einmal alles zerredet und dadurch vieles unmöglich gemacht wurde. Wir haben versprochen, Solingen ebenso energisch wie nachhaltig voranzubringen.“

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und langjährige Vorsitzende des Schulausschusses machte dabei gleichzeitig deutlich, dass mit dieser Prüfung noch keinerlei Baubeschluss verbunden sei – und dass seine Fraktion die zusätzlichen Prüfaufträge anderer Fraktionen ausdrücklich begrüße. „Wir haben keinerlei Angst oder Sorgen vor kritischen Fragen – im Gegenteil: Auch unsere Fraktion hat in mehreren langen und intensiven Beratungen diverse generelle Themen und auch etliche zu klärende Details ausgemacht.“ Noch am Vorabend des Rates hatte die Fraktion in ihrer wöchentlichen Sitzung Vertreterinnen und Vertreter der Solinger Schulleiter sowie auch des Jugendstadtrats zu Gast, um über deren Sorgen und Befürchtungen zu diskutieren.

Lauterjung in seiner Rede vor dem Rat: „Wie die Prüfungen am Ende auch ausgehen mögen: Wir wollen das optimal Mögliche und Machbare für den Sport, für die Stadt und vor allem für die Innenstadt! Natürlich gehört für mich als Sportausschuss-Vorsitzender dazu auch der Blick auf den Spitzensport. Diese Frage begegnet mir – und auch dem Oberbürgermeister – immer wieder: Wie haltet Ihr es mit dem Spitzensport in Solingen? Was tut Ihr dafür, dass unsere Spitzenteams weiter die Motoren für ihre Sportarten sein können? Die Arena mitten in der Stadt wäre dafür sicher ein echtes Signal. Der Ort für echte Heimspiele: Das wird beispielsweise am Sonntag so mancher nach der denkbar knappen Niederlage des BHC gegen Kiel gedacht haben: Wie wäre das vor der heimischen Kulisse ausgegangen? Und was machen wir, wenn die Klingenhalle in absehbarer Zeit definitiv nicht mehr die Kriterien für Bundesliga-Handball erfüllen kann? Weder in der ersten, noch in der zweiten Liga? Auch das gilt es zu prüfen.“

Wie machen wir wichtige Planungsvorhaben auch morgen noch möglich?
In seiner Rede wurde Ernst Lauterjung dann aber auch grundsätzlich und blickte auf künftige Planungen: „Ja, Planungsvorhaben betreffen jedes Mal Menschen. Menschen, die sich dieses Vorhaben sehr wünschen. Vor allem aber Menschen, die dadurch betroffen sind – zumindest von Veränderungen, gelegentlich auch von mehr: von zusätzlichem Verkehr, einem Gebäude im Sichtfeld. Oder von neuen Geräuschen. Es ist eine der großen Aufgaben der Kommunalpolitik, diese Veränderungen oder gar Belastungen in einer Stadt sorgsam gegen ihren Nutzen abzuwägen – und dann fair zu verteilen. Das, meine Damen und Herren, sichert die SPD-Fraktion insbesondere auch den Anwohnerinnen und Anwohnern rund um den Weyersberg zu. Aus Überzeugung. Wir haben uns die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger gerade bei Planungsvorhaben auf die Fahnen geschrieben. In den letzten Jahren ist daher auch keine große Planung in Solingen ohne mehrfache offene Beteiligungs- und Mitgestaltungsrunden gelaufen. Diese Gespräche werden nun ebenfalls beginnen.“

Lauterjung benannte offen die wachsenden Probleme: „Es ist kein Geheimnis, meine Damen und Herren, dass die Arbeit der ehrenamtlichen Kommunalpolitik an dieser Stelle immer komplizierter wird: Aus vielerlei Gründen wird der Begriff „Bürgerbeteiligung“ allzu oft so verstanden, dass die Politik den Wünschen einzelner Betroffener oder Initiativen zu folgen habe. Zumal dann, wenn sich diese Wünsche laut und medienwirksam Gehör verschaffen. Der feste Wille, die eigenen Wünsche und Interessen nahezu kompromisslos in den Mittelpunkt zu stellen, macht so gerade bei Planungsvorhaben den notwendigen Ausgleich zunehmend schwierig. Und manchmal fast schon unmöglich. Für die kommenden Monate der Prüfungen, Gespräche und Bewertungen wünsche ich daher uns allen – und nicht zuletzt unserer Stadt – vor allem Sachlichkeit. Den unbedingten Respekt vor Fakten. Und den Willen zum fruchtbaren Streit der Argumente: Emotionen zu schüren, mag den schnellen Erfolg versprechen. Aber es macht das Miteinander immer schwieriger.“

Ernst Lauterjung mahnte nachdrücklich: „Mit persönlichen Attacken, pauschalen Slogans und so mancher unwahren Behauptung waren die letzten Wochen in dieser Hinsicht manchmal nicht ermutigend. Ich kann und will hier nicht alles aufzählen – aber für einen konkreten Baukredit kann ich alternativ kein einziges Sozialprojekt fördern, nicht ein einzelnes Busticket sponsern. Und beim Slogan, so etwas brauche doch kein Mensch, muss ich zumindest nach dem Respekt davor fragen, dass Tausende von Sport- und Kulturfans in Solingen das ganz anders sehen. Jeder sollte sich deshalb selbst sehr ehrlich prüfen, inwieweit er oder sie in den kommenden Monaten zu einer offeneren und respektvolleren Debatte beitragen kann. Keiner von uns hat die Wahrheit gepachtet, von deren hohem Sockel er nun die Motive und Wünsche der anderen bewerten könnte!“

Solingen hat erstmals eine Stadtdirektorin
Dem Vorschlag von Iris Preuß-Buchholz im Rat, die Beigeordnete Dagmar Becker zur ersten Solinger Stadtdirektorin zu wählen, waren mühevolle Gespräche zwischen den Ratsfraktionen vorausgegangen: Die SPD-Fraktionsvorsitzende hatte es sich dabei vor allem zur Aufgabe gemacht, für eine möglichst breite Mehrheit zu sorgen – insbesondere angesichts der Bedeutung dieser Position. Am Ende gelang dies, und es gab nur vereinzelte Gegenstimmen.

Erneut geschlossen für Verkaufsoffene Sonntage

Iris Preuß-Buchholz, Fraktionsvorsitzende

In Ihrer kurzen Rede begründete die Fraktionsvorsitzende Iris Preuß-Buchholz die Entscheidung der SPD-Fraktion im Rat: „Der Sonntag als Tag der Ruhe, der Besinnung und des Familien-Zusammenhalts hat in unserer Gesellschaft einen besonders hohen Stellenwert. Sie wissen ja, wie die SPD-Fraktion dem seit vielen Jahren Rechnung trägt: Wir respektieren grundsätzlich die nachvollziehbar dargestellten Wünsche des Solinger Einzelhandels – aber wir verzichten auf eine Fraktionsmeinung: Die Ratsmitglieder, die sich in Kirche oder Gewerkschaften engagieren, folgen bei ihrer persönlichen Entscheidung ihrem Gewissen. Mit Blick auf die enormen Belastungen vor allem des Einzelhandels in Corona-Zeiten werden wir davon heute erneut abweichen. So, wie wir es auch bereits bei vergangenen Entscheidungen während der Pandemie getan haben. Unsere Zustimmung ist ein deutliches Signal an alle Einzelhändlerinnen und Einzelhändler, dass wir jede Chance für unsere Stadtteilzentren ermöglichen wollen. Auch wenn zuletzt viele der Unternehmen die mögliche Sonntagsöffnung nicht mehr genutzt haben. Die Attraktivität unserer Innenstädte lebt vom Einzelhandel. Wir möchten, dass dies auch nach der Pandemie so bleibt.“

Gegen einen achtstreifigen Ausbau der A 3 in der Ohligser Heide
Im Rat begründete Iris Preuß-Buchholz auch, warum die SPD-Fraktion die Verwaltung in ihrer Ablehnung eines achtstreifigen Ausbaus der A 3 unterstützt: „Angesichts dieser Ausbau-Pläne reibt man sich durchaus die Augen: Kann das im Jahr 2022 wirklich sein? Wir reden hier nicht nur über ein Naturschutzgebiet, in dem sich Solingen seit Jahren alle verkehrspolitisch vielleicht nützlichen Ideen aus guten Gründen versagt. Wir befinden uns vor allem am Beginn einer durchgreifenden Mobilitätswende, zu der es definitiv keine Alternative gibt. Und die zwei klare Erkenntnisse hat: Der Straßenverkehr wird seinen unreflektierten Vorrang verlieren müssen – und die Transportlogistik wird ein tiefgreifender Wandel treffen. Und nun wird ausgerechnet in einem Naturschutzgebiet auf Jahrzehnte der weitere Ausbau der Autobahn auf acht Spuren geplant. Es ist allerhöchste Zeit, diese Hinterlassenschaft aus der Vergangenheit zu stoppen. Die Zeiten von Dobrindt und Scheuer im Verkehrsministerium sind endgültig vorbei – wir brauchen Konzepte für die Zukunft. Bis dahin ist die ausgeschilderte Mitnutzung des Standstreifens eine solide Übergangslösung. Eigentlich scheint das auch die Autobahn GmbH so zu sehen: Denn auf dem A3-Abschnitt bei Mettmann ist diese Lösung nun seit einiger Zeit in Betrieb. Wir sollten uns also nicht beirren lassen.“

Preis-Zockerei darf treue Stadtwerke-Kunden nicht treffen

Das Thema in der wöchentlichen Fraktionssitzung der SPD-Ratsmitglieder gehört derzeit zu den bundesweit heißen Eisen: Wie entwickeln sich die Energiekosten auf dem Markt, und was hat es mit den teilweise hohen Preisen in den Ersatzversorgungstarifen auf sich? Stadtwerke-Geschäftsführer Andreas Schwarberg und sein Vertriebschef Stefan Ziebs standen der Fraktion dazu umfangreich Rede und Antwort. Das wichtige Resümee aus Sicht der SPD: Solingen fährt gut damit, dass unsere Stadtwerke beim Einkauf von Gas und Strom auf langfristige und verlässliche Verträge setzen und damit auch kalkulierbare Preise garantieren. Von „Abzocke“ derer, die nun notfallmäßig aus gekündigten Billig-Angeboten zu den Stadtwerken zurückkehren und in einen teuren Ersatztarif rutschen, kann daher keine Rede sein: Für sie muss nun eigens zusätzliche Energie zu den derzeit teilweise völlig astronomischen Preisen eingekauft werden – und mit diesen Preisen kann man nicht seriös alle Kunden belasten, die seit Jahren verlässliche Verträge mit unseren Stadtwerken haben. Die Fraktion war sich einig, dass sich Kritik und rechtliche Schritte eigentlich gegen die Billig-Anbieter richten müssten, die ihre Lieferverpflichtungen nicht einhalten.