„Kommunalfinanzierung muss staatstragend sein“

Dirk May und Eva Stangenberg stellten in den Kommunalen Ordnungsdienst in der Hybrid-Sitzung der SPD-Ratsfraktion vor.

Auch für 2023 hat unsere Ratsfraktion für den ausgeglichenen Haushalt eine sehr breite Mehrheit im Rat gefunden – aber es gibt keinerlei Spielräume mehr, und die größten Herausforderungen kommen noch. In ihrer Haushaltsrede machte sich Iris Preuß-Buchholz grundsätzliche Gedanken über die schwierige Zukunft der Städte – und der Kommunalpolitik.

„Dieser Haushalt ist erneut ausgeglichen. Mit größter Mühe der Kämmerei – und mit größter Selbstdisziplin der Politik. Aber niemand hier im Rat hat eine Vorstellung, wie das in den kommenden Jahren gelingen soll“, sagte die Fraktionsvorsitzende bei der Verabschiedung des Solinger Etats für 2023. Denn dass die Kommunen in den Krisen der letzten Jahre zwar die meiste Arbeit leisten und die größten finanziellen Lasten tragen mussten, wird in den kommenden Jahren zur massiven Dauerbelastung werden: Da die schwarz-grüne NRW-Landesregierung ihre Kommunen mit den Folgen von Pandemie, Ukraine-Krieg und Energiekrise allein lässt, müssen in den kommenden Jahren viele Millionen Euro zusätzliche Schulden abgetragen werden.

Iris Preuß-Buchholz, Fraktionsvorsitzende

„Das Funktionieren ihres Staates erleben die Menschen nicht in Berlin und nicht in Düsseldorf. Sie erleben es vor Ort in ihrer Stadt. Hier sind KiTas und Schulen, Hallenbäder, Turnhallen und Sportplätze. Hier ist die Kultur – und hier werden die Anträge zu allem bearbeitet, was die Menschen für ein gutes Leben benötigen. Und genau das alles wird nicht mehr funktionieren, wenn Bund und Land nicht unverzüglich handeln: Wir brauchen eine neue, realistische Kommunalfinanzierung durch den Bund. Und wir brauchen die Wertschätzung einer Landesregierung, die all die Krisen-Lasten nicht weiter bei den Städten entsorgt. Vor allem brauchen wir diese Kommunalfinanzierung jetzt. Und sie muss in jeder Hinsicht und auch wortwörtlich staatstragend sein. Sie muss unseren freiheitlich-demokratischen Staat, wie ihn die Menschen vor Ort in dieser Stadt erleben, wirklich tragen.“

Die Fraktionsvorsitzende warnte aber auch eindringlich davor, wieder in die „Solingen-Depression“ zu verfallen: „Pandemie, Energiekrise und Inflation sowie die anderen Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine werfen uns nun massiv zurück. Wir müssen Programme kürzen und strecken – gleichzeitig müssen hunderte Kinder zusätzlich untergebracht werden. Und auch an anderen Stellen machen sich die Folgen von Inflation sowie Baustoff- und Fachkräftemangel massiv bemerkbar. Gleichzeitig belastet die Politik in Bund und Land uns auch weiter mit erheblichen Mehrausgaben. Natürlich – leider! – auch weiter ohne adäquaten Ausgleich. Aber: Das alles ist nicht nur in Solingen so! Das ist nichts, was hier in Solingen verursacht und verschuldet wurde! Ich sage das so deutlich, weil in den letzten Wochen mehr als nur erste Anzeichen von erneuter Dauer-Nörgelei und Solingen-Verdrossenheit zu erkennen sind: Das ist das Letzte, was unsere Stadt bei der erfolgreichen Bewältigung der Krisen gebrauchen kann!“

Wer engagiert sich künftig noch in der Kommunalpolitik?
In der schwierigen Situation in den Städten sieht Iris Preuß-Buchholz aber auch eine dauerhafte Gefahr für das Funktionieren von Kommunalpolitik: „Was stellt sich unsere Gesellschaft künftig unter ehrenamtlicher Kommunalpolitik vor? Was soll oder kann Kommunalpolitik noch gestalten? Und wer soll oder kann das ehrenamtlich leisten? Wenn der Druck von allen Seiten ins Unermessliche wächst? Kein Geld, aber alle staatlichen Aufgaben. Immer massiver formulierte persönliche Interessen, medial verstärkt auf vielen Wegen und Kanälen. Immer kompliziertere Vorschriften und Regelwerke. Immer mehr Gespräche, Sitzungen und Klausuren. Und das alles ohne Apparat, ohne die großen Stäbe in Berlin oder Düsseldorf. Natürlich alles nach Feierabend. Das macht niemand mehr ehrenamtlich mit. Erst recht nicht, wenn sie oder er zu den beruflichen Leistungsträgerinnen und -trägern gehört. Also zu denen, die wir in den Räten sehen wollen. Kommunalpolitik will gestalten!“

Spannendes aus dem Kommunalen Ordnungsdienst
In ihrer Haushaltsrede ging die Fraktionsvorsitzende auch auf die wichtigen gemeinsamen Beschlüsse ein, die zum Haushalt gefasst werden konnten: „Ich denke an die wichtige Stärkung im Bildungs- und Sozialbereich, an den Klimaschutz. Aber auch an die dauerhafte Verstärkung unseres Kommunalen Ordnungsdienstes, der sich in den Krisen der letzten Jahre bewährt hat. Mit dem KOD war auch die von uns immer wieder verlangte Stärkung der Sozialarbeit in den Quartieren verbunden. Denn das zeigt den richtigen Weg: Wenn wir alle gemeinsam in Solingen gut leben wollen, gehören soziale Sicherheit und das Gefühl der Sicherheit in der eigenen Umgebung untrennbar zusammen.“

Am Vorabend der Ratssitzung hatten Stadtdienst-Leiter Dirk May und die zuständige Abteilungsleiterin Eva Stangenberg die vielseitige Arbeit des Kommunalen Ordnungsdienstes in der wöchentlichen Sitzung unserer Ratsfraktion vorgestellt. Durch das Zwei-Schicht-System sei der Ordnungsdienst inzwischen von den frühen Morgenstunden bis in den späten Abend unterwegs – in den Sommermonaten an den Wochenenden auch bis zwei Uhr am Morgen. Dabei wurde auch deutlich, worin für die Bürgerinnen und Bürger der wesentliche Unterschied zwischen der Polizei und dem Kommunalen Ordnungsdienst besteht: Der KOD kann seine Arbeit mit der aller anderen Stadtdienste in der Verwaltung vernetzen. So berichtete die Abteilungsleiterin von etlichen Beispielen, in denen durch die enge Zusammenarbeit beispielsweise mit den Stadtdiensten Jugend und Soziales sogar sozialarbeiterische Aspekte in die Alltagarbeit einfließen könnten.

 

Hier können Sie die komplette Haushaltsrede als PDF herunterladen.