Verantwortung übernehmen für alle Beschäftigten

Hybrid-Fraktionssitzung im Rathaus.

Wenige Tage vor der Sommerpause standen im Rat noch einmal zwei wichtige Entscheidungen an. Die SPD-Ratsfraktion blieb dort – auch gegen teilweise sehr persönliche Angriffe – bei ihrer klaren Haltung: Wir übernehmen Verantwortung im Sinne unserer Stadt und der Menschen. In diesem Fall für fast 2000 Beschäftigte und unser Städtisches Klinikum sowie für die Solinger Schullandschaft. Außerdem: Warum Rosinen-Pickerei beim Breitband-Ausbau für Solingen gefährlich ist.

Die Argumente waren eigentlich seit Monaten ausführlich ausgetauscht und im Grunde war die Entscheidung sogar schon vor längerer Zeit einvernehmlich gefallen: Bei Eintreten genau definierter wirtschaftlicher Umstände sollte die Gründung einer Servicegesellschaft für das Städtische Klinikum automatisch auf der Tagesordnung stehen. Dennoch war der endgültige Beschluss des Rats zur Gründung dieser Servicegesellschaft noch einmal eine Herausforderung für die Ratsmitglieder der SPD. Denn der Konsens von einst wurde nicht eingehalten, und einige der Angriffe der Kritiker zielten sehr persönlich auf die Grundhaltung der Sozialdemokratie, sich insbesondere für Arbeitnehmer-Interessen einzusetzen. Doch unsere Fraktion ließ sich nicht provozieren und blieb bei ihrer klaren Haltung: Uns geht es um das gesamte Klinikum mit seinen fast 2000 Beschäftigten. Mehr Arbeitnehmer-Interesse geht kaum.

Uli Preuss, Sprecher im Sozialausschuss

Wir können uns den Marktgegebenheiten nicht verschließen und stur auf Kostenstrukturen beharren, die deutlich über denen der allermeisten Wettbewerber liegen. Darauf hatte auch Uli Preuss, SPD-Sprecher im Sozialausschuss und Mitglied des Klinikum-Aufsichtsrats, immer wieder hingewiesen: Bis auf Solingen haben inzwischen fast alle Krankenhäuser in Deutschland eine Servicegesellschaft, in der viele der nichtmedizinischen Dienstleistungen ausgegliedert sind. Das gilt auch für die zahlreichen kirchlichen oder freigemeinnützigen Häuser. Insgesamt, so Preuss, geht es den Krankenhäusern in Deutschland schlecht, und das Gespenst Insolvenz geht an vielen Häusern um. „Die Menschen erwarten aber zu Recht von uns, dass wir das Klinikum in kommunaler Hand behalten. Dazu muss das Haus aber wirtschaftlich auf soliden Füßen stehen.“

An unserem Klinikum wird es in der neuen Servicegesellschaft sogar einen außerordentlich weitreichenden Bestandsschutz für die rund 180 betroffenen Beschäftigten geben, und auch für künftige Einstellungen gelten Tarifverträge von DGB-Gewerkschaften für die jeweilige Branche der Dienstleistung. Wirklich außergewöhnlich sind dabei der Verzicht auf die Einstufung in die unterste Lohnstufe sowie die Zusicherung einer zusätzlichen Altersvorsorge alles im Wettbewerb durchaus eine Ausnahme. Was Branchen-Tarifverträge von DGB-Gewerkschaften mit „Lohndumping“ zu tun haben sollen, konnten die Kritiker ebenso wenig erklären wie die Erfolgsaussichten ihrer „Alternativ-Lösungen“: „Organisations-Optimierungen“, die in den letzten Jahren bereits umfassend unternommen wurden, blieben genauso schwammig wie die Hoffnung auf künftig bessere Bedingungen im Gesundheitswesen. Der zuvor bekannt gewordene Vorschlag, die angeblich zu teuren Chefärzte durch ein kostensparendes Ärzte-Kollektiv zu ersetzen, hatte in der Branche bereits für Kopfschütteln gesorgt.

Dringend benötigt: Schulplätze in der Sekundarstufe
Das Drama vieler Eltern in anderen Städten soll es in Solingen auf keinen Fall geben: dass nämlich nicht genügend Klassen in den weiterführenden Schulen existieren und man daher weit und breit definitiv keinen Platz für das eigene Kind findet vom Thema Schulwunsch ganz zu schweigen. Daher stand unsere Ratsfraktion auch in der letzten Ratssitzung vor den Sommeferien zu ihrer Haltung: Wir wissen, welche Veränderungen wir drei Schulen zumuten aber wir müssen beim dringend erforderlichen Neubau des maroden Schulzentrums Vogelsang neben dem großen Gymnasium eine weitere große Schule einplanen.

Iris Preuß-Buchholz, Fraktionsvorsitzende

Iris Preuß-Buchholz, Fraktionsvorsitzende und Schulpolitikerin der Fraktion, verwies im Rat darauf, dass die SPD mit ihrem Oberbürgermeister „mit dem größten Investitionsprogramm seit dem Wiederaufbau nach dem Krieg“ eigentlich die Wende zum Positiven unternommen hatte. „So sollte statt der jahrzehntelangen Flickschusterei endlich eine wirklich moderne Schullandschaft entstehen. Mit attraktiven Schulgebäuden – und mit dem richtigen Platz für Pädagogik. Doch nun stehen wir in den akuten Krisen als Stadt in NRW allein da: mit zusätzlichen Millionen-Ausgaben, mehreren Hundert zu integrierenden Schülerinnen und Schülern, mit explodierenden Baukosten. Und ohne Unterstützung durch das Land. Wir waren mit unseren Plänen endlich vorneweg auf dem Weg in die Zukunft. Jetzt laufen wir ohne eigenes Verschulden wieder hinterher.“ Die Finanznot vieler Städte in NRW lasse als Möglichkeit vielfach nur „das gerade noch Machbare“ übrig.

„Wie nahe unsere Vorstellungen eigentlich an den Wünschen der Eltern sind, hat gerade das intensive Gespräch mit den Vertreterinnen der drei betroffenen Schulen gezeigt: Wir alle wissen, was ,Schule‘ heute eigentlich bräuchte. Und natürlich wissen wir, dass Realschule und Gymnasium am Vogelsang von Beginn an eng miteinander kooperiert haben. Und ebenso selbstverständlich ist uns klar, was Veränderungen an einer bestehenden Schule bedeuten“, sagte die Fraktionsvorsitzende im Rat. „Aber wir wissen auch, dass wir sehr schnell nicht mehr ohne den Bau ganzer Klassenzüge in der Sekundarstufe weiterkommen werden. Doch die Riesenhürde davor heißt diesmal nicht nur Finanznot: Wo in dieser Stadt soll Platz für eine zusätzliche große weiterführende Schule sein? Wo wir doch schon trotz Bereitschaft zu Geschossbau und kleineren Außenflächen kaum noch Platz für eine neue KiTa finden?“

Das sei der Grund gewesen, das Schulzentrum Vogelsang ins Visier der Planungen zu nehmen: „Nur hier steht noch eine riesige Fläche zur Verfügung. Und nur hier kann im Zweifel schnell gebaut und finanziert werden: weil nämlich die Bezirksregierung den problematischen Zustand des heutigen Schulzentrums anerkennt. Und daher auch signalisiert hat, die enorme Kreditaufnahme für dieses Mammutprojekt zu genehmigen. Ausdrücklich als Ausnahme.“

Die weitere Entscheidung folge dann für die SPD-Fraktion aus zwei simplen Fragen: „Welche Schulform wird von den Eltern am stärksten nachgefragt? Und in welcher Schulform können am flexibelsten bis zu sechs Klassenzüge entstehen? Beide Fragen sind eigentlich rhetorisch. So folgt heute der Errichtungsbeschluss für die 5. Gesamtschule.“ In Richtung der drei betroffenen Schulen meinte sie: „Wir verstehen Traurigkeit und auch Frust. Aber wir sehen die Chancen dieser Entscheidungen. Und wir hoffen auf die Bereitschaft zu einer solidarischen Lösung. Denn die verzweifelte Suche nach irgendeinem Platz in irgendeiner Schule, wie sie in anderen Städten gerade um sich greift, wollen wir in Solingen sicherlich alle nicht!“

Keine Rosinen-Pickerei beim Breitband-Ausbau
Schon beim Umbau der Ohligser Fußgängerzone hatte vor allem die CDU mobil gemacht, jetzt möchte sie die Stadt auch generell verpflichten: Wo immer Tiefbauarbeiten stattfinden und die Telekommunikationsanbieter keine Glasfaserkabel verlegen lassen, solle die Stadt in Vorleistung gehen. „Diese CDU-Idee ist gefährlich für Solingen“, sagt die Fraktionsvorsitzende Iris Preuß-Buchholz. „Denn sie verlagert das enorme finanzielle Risiko genau dann in den städtischen Haushalt, wenn die großen Telekommunikationskonzerne es nicht übernehmen wollen.“

Der Antrag der CDU im Planungsausschuss sei aus drei Gründen „besonders erstaunlich“ gewesen und daher wohl eher als Show-Antrag zu bewerten: „Zum einen weiß sicher auch die CDU, dass der Rat Vorhaben mit solch enormen finanziellen Auswirkungen niemals außerhalb der Haushaltsberatungen beschließt.“ Außerdem offenbare der CDU-Vorstoß in dieser Sache ein merkwürdiges Verhältnis zu den Finanzen einer Kommune. Iris Preuß-Buchholz: „Sonst ruft die CDU immer ,Privat vor Staat!‘ – aber wenn Konzerne hier nicht genug Profit sehen, soll die Stadt eben die defizitären Aufgaben übernehmen.“ Der Antrag sei daher geradezu „die Einladung zur Rosinen-Pickerei“. „Wie will die CDU das beispielsweise den Schulgemeinden erklären, die gerade noch länger auf den Ausbau ihrer Schule warten müssen?“

Den dritten Grund findet die SPD-Fraktionsvorsitzende besonders erstaunlich: Die CDU führe sich jetzt ernsthaft als Motor des Glasfaserausbaus auf – dabei habe erst Oberbürgermeister Tim Kurzbach die professionelle Glasfaser-Strategie für alle Bereiche der Stadt vorangetrieben. „Noch kurz vor dem Ende seiner Amtszeit hat CDU-OB Feith ausdrücklich darauf verzichtet und für weite Teile der Stadt auf den billigeren Ausbau mit Kupferkabel gesetzt.“ Die SPD-Fraktionsvorsitzende: „Das Foto vom feierlichen Spatenstich mit Telekom-Chef Höttges hat schon seinerzeit in der Branche für Kopfschütteln gesorgt.“ Insofern könne man den prominenten Solingen-Kritiker Höttges durchaus auch mal fragen, was er denn für seine Heimatstadt geleistet hat.